Dass Amazon ohne Rückfrage Änderungen an den Informationen des Warenbestands vornimmt, ist für Selfpublisher und Verleger nichts Neues, siehe: Amazon verwendet falschen Mehrwertsteuersatz für Bücher.

Leider nimmt sich Amazon seit einiger Zeit auch das Recht heraus, das empfohlene Lesealter von Kinder- und Jugendbüchern zu ändern. So wurde jetzt bei meinem Jugendbuch “Die Jagd nach dem geheimnisvollen Rollsiegel” das empfohlene Alter auf 10-12 Jahre geändert, dabei hatte ich es aufgrund einiger Handlungselemente auf “ab 12 Jahren” gesetzt. Kunden könnten bei dieser Angabe jetzt denken, dass es für jeden 10-Jährigen geeignet ist – und ebenfalls könnten sie denken, dass es nichts für 13- oder 14-Jährige ist. Das ist bedauerlich, denn so wird das Buch eventuell einer völlig falschen Leserschaft angeboten – und einer eigentlich richtigen vorenthalten.
Es stimmt zwar, dass das Buch auch sehr gerne von 11-Jährigen in der 6. Klasse für Buchvorstellungen genutzt wird, aber das bedeutet ja nicht, dass es für alle jüngeren Leserinnen und Leser geeignet ist. Wenn Eltern eines 11-Jährigen sich bewusst dafür entscheiden, ein “Ab-12-Buch” für ihr Kind zu kaufen, dann ist das völlig okay, denn Eltern können am besten abschätzen, wie weit ihr Kind in der Entwicklung ist, aber es ist nicht okay, wenn sie das Buch ohne dieses Wissen kaufen, weil es falsch eingruppiert wurde.
In diesem Beitrag habe ich ausführlich über das Lesealter berichtet: Coole Kinderbücher für Jungs
Wie kommt Amazon dazu, das Lesealter zu ändern?
Der Amazon-Algorithmus analysiert die abgegebenen Bewertungen und betrachtet dabei auch das Alter der Kinder, für die das Buch gedacht ist. Diese Information liegt natürlich nur dann vor, wenn der Amazon-Kunde diese angegeben hat. Aus diesen Daten berechnet der Algorithmus einen Mittelwert und ändert damit dann einfach die Angaben des Herausgebers.
Das Problem bei dieser Vorgehensweise ist, dass nur insgesamt 19 der bisher existierenden 600 Bewertungen meines Buches für die Berechnung des Algorithmus zur Verfügung stehen.
Man kann sich die für die jeweilige Altersklasse erstellten Rezensionen auch im Detail anschauen. Meine 10- und 11-jährigen Leserinnen und Leser sind offenbar mit dem Buch sehr zufrieden.

Doch sind die Altersangaben zu den Rezensionen immer korrekt? Bei dem Beispiel unten denke ich nicht, dass das Buch wirklich von einem 7-Jährigen gelesen wurde – und schon gar nicht mit “mittlerem Schwierigkeitsgrad”.

Der Elternteil eines vermeintlich 16-Jährigen hat sich in einer Rezension darüber beklagt, dass das Buch für seinen 11-Jährigen ungeeignet sei. Offensichtlich wurde die Bewertung einer falschen Altersgruppe zugeordnet (vielleicht hat der Kunde ja noch ein älteres Kind?).
Diese Beispiele deuten darauf hin, dass die Daten nicht alle korrekt sind, sie zeigen, dass selbst halbwegs nachvollziehbar arbeitende Algorithmen Fehler produzieren können, wenn zu wenige korrekte Daten für eine zuverlässige Berechnung existieren.
Begrenzt hilfreiche Suchfilter
Wenn Kunden ihre Suche auf ein bestimmtes Alter eingrenzen, dann wollen sie nur die passenden Bücher angezeigt bekommen. Wurden wichtige Verlagsangaben überschrieben, wird der Jugendschutz komplett unterlaufen – und das führt dann zu negativen Rezensionen wie in meinem Beispiel oben. Ungünstig ist in dem Zusammenhang, dass ausgerechnet ein als 16-Jähriger gespeicherter 11-Jähriger mein Buch schlecht bewertet hat, denn so wird der Algorithmus niemals dahinterkommen, dass er falsch liegt.
Gar nicht hilfreicher Support
Ein Ticket beim Amazon-Support hat auch nicht geholfen, das Problem zu lösen:
“Bitte beachten Sie, dass Amazon das Lesealter auf Ihrer Detailseite auf der Grundlage von Kundenrezensionen aktualisiert. Das vom Kunden empfohlene Lesealter entspricht möglicherweise nicht dem Alter, das Sie bei der Einrichtung Ihres Buchs angegeben haben. Wenn für Ihr Buch bei Amazon bereits ein von Kunden empfohlenes Lesealter gilt, können Sie es nicht über KDP ändern. Daher wird das Alter Ihres Buchs je nach Kundenrezension unterschiedlich angezeigt. Es tut mir leid, aber wir können das Alter nicht manuell aktualisieren.”
Leider werden nicht nur die Angaben von Selfpublishern bei KDP überschrieben, sondern auch die Angaben, die Verlage über das VLB (Verzeichnis lieferbarer Bücher) an Amazon verteilen. Bitte achten Sie beim Kauf von Kinder- und Jugendbüchern darauf, dass die Altersangabe von einem Algorithmus stammen kann, der nicht immer richtig liegen muss.
Meine Lösung: Ich habe die Altersangabe jetzt auch in den Titel des Buches eingetragen, so dass die Chance besteht, dass Eltern vor dem Kauf die wahre Altersangabe sehen. Das hat keinen Einfluss auf die Suchfilter, ist aber besser als gar nichts.